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Demokratischer US-Präsidentschaftskandidat John Kerry - in Frankreich besonders geschätzt

Es gibt einige Amerikaner, die durchschnittliche Franzosen sehr zu mögen scheinen. Der Komiker Jerry Lewis gehört seit vielen Jahren zu ihnen - und seit einiger Zeit auch Präsidentschaftskandidat John Kerry.

Sind es die Französisch-Kenntnisse, die Kerry erwarb, als er in seiner Jugend in der Schweiz zur Schule ging? Oder sein Versprechen, die Alliierten der Vereinigten Staaten ernster zu nehmen als bisherige US-Präsidenten, sollte er in einigen Monaten das Weiße Haus beziehen?

Sein Gesicht erscheint in diesen Tagen in Magazinen und Zeitungen aller Art an französischen Zeitungsständen. Radio- und Fernseh-Talkshows haben ihn und seine US-Präsidentschaftskandidatur als exklusives Thema. Französische Journalisten bemühen sich in letzter Zeit sogar, entfernte Verwandte von ihm aufzuspüren - und Bekannte, die Anekdoten über ihn erzählen können.

Michael Manville, Mitarbeiter der New York Sun, ist sicher: Wenn der demokratische Senator aus dem US-Staat Massachusetts in Frankreich zum Jahresende Franzosen zu entscheiden hätte - sie würden ihn zum haushohen Sieger erklären: "Die Leute hier sind absolut verrückt nach ihm - mein Telefon klingelt von früh bis spät - und jeder will was über Kerry wissen”, sagt Constance Borde von der Organisation “Democrats Abroad”. “Ich bekomme sogar Anrufe von Franzosen, die fragen, ob sie Kerrys Wahlkampagne finanziell unterstützen können - und natürlich muss ich Nein sagen. Aber es ist etwas, was ich noch niemals in der Vergangenheit gesehen habe.”

Es ist schwer, so Manville, sich vorzustellen, dass Franzosen in diesen Tagen etwas an den Amerikanern begeistern könnte. Unter Präsident Bush haben die Beziehungen zwischen Frankreich und den USA den niedrigsten Punkt in Jahrzehnten erreicht - die beiden Nationen haben sogar weit gehende Meinungsverschiedenheiten über viel mehr Themen als nur die französische Opposition zum Krieg im Irak. Amerikaner ereifern sich über die “käseverzehrenden und stets kapitulationsbereiten Affen” in Frankreich, von denen viele, wie ein Hörfunk-Moderator in Los Angeles erklärte, "beim Einmarsch der Nazis mit Hakenkreuzen am Strassenrand gestanden hätten". So etwas tut weh. - Die Franzosen ihrerseits brandmarken den "amerikanischen Imperialismus" und sind sogar so weit gegangen, Nachbildungen von Präsident Bush in den Straßen von Paris zu verbrennen.

"Kein Zweifel - die Bush-Administration ist in Frankreich genau so unpopulär wie überall quer durch Europa.” Das sagt der Direktor des französischen Zentrums für die Vereinigten Staaten, Guillaume Parmentier. "Bush selbst ist sehr unpopulär. Er wird als eine Erscheinung betrachtet, nicht wie ein Präsident anmutet - sogar sein Benehmen vermittelt vielen Europäern ein unangenehmes Gefühl”.

In Senator John Kerry dagegen haben die Franzosen einen Amerikaner gefunden, den sie zu mögen scheinen. In den Straßen von Paris, so heißt es täglich, ist seine Kandidatur mit offenen Armen begrüßt worden. “Er wird in Frankreich sehr bewundert”, sagte ein städtischer Büroangestellter, Patrick Forestier. Er wird den Europäern sympathischer sein. Und natürlich ist jeder, der gegen Präsident Bush kandidiert, bei uns populär.”

Vor allem scheint es die Tatsache zu sein, dass John Kerry Europa kennt und offen gegenüber den Menschen und ihrer Kultur ist. Das ist eine Eigenschaft, die viele Franzosen Präsident Bush einfach aberkennen. “John Kerry ist eine Persönlichkeit, die einem französischen Politiker so nahe kommt, wie man sich das vorstellen kann”, sagt Constance Borde. "Er verkörpert eine gewisse Diplomatie, eine Eleganz. Er ist mehr wie eine führende Persönlichkeit in Europa sein würde.”

Die Franzosen haben auch von ihren Medien gelernt, Kerry sei die Art von Amerikanern, die Franzosen stets schätzten: nicht überheblich, aber vornehm, weit gereist. Seine Verbindung zu Frankreich stammt noch von seiner Jugend her, als er die Sommermonate mit seinen Cousins in St-Briac-sur-Mer verbrachte, einem Sommersitz, den sein Großvater mütterlicherseits gebaut hatte. James Grant Forbes, ein internationaler Rechtsanwalt und Bankfachmann, ließ sich dort mit seiner Frau, Margaret Winthrop, im Jahre 1908 nieder. Das Paar zog 11 Kinder auf, zu ihnen gehörte Kerrys Mutter.

Das Gut mit dem Namen “Les Essarts”” wurde später zerstört, als deutsche Truppen St-Briac besetzten. Doch Kerrys Großvater baute es wieder auf – und es wurde in eine Besuchsvilla für die Verwandschaft verwandelt.

Einer der Cousins John Kerrys, der 58jährige Brice Lalonde, ist ein ehemaliger französischer Umweltminister – und der neue Bürgermeister von St-Briac. In einem Zeitungsartikel im “L’Express” beschrieb er unter der Schlagzeile “Mein Cousin JFK”, wie sich John Kerry immer um die Cousins gekümmert habe, wenn er zu Besuch kam.

Dennoch ist Kerry seit nunmehr 20 Jahren nicht mehr in St-Briac gewesen. Auf der Höhe der amerikanisch-französischen Spannungen im vergangenen Jahr ließ er ein Familientreffen aus, zu dem fast 200 Verwandte erschienen. Einige von ihnen suchen jetzt sogar, seine europäischen Verbindungen herunterzuspielen, weil sie fürchten, das könnte seiner Präsidentschaftskampagne in den USA schaden und den Republikanern Munition verschaffen. Ein Mitarbeiter der Bush-Administration soll angeblich darauf hingewiesen haben, dass Kerry “französisch aussieht”.

Brice Lalonde hat wiederholt gegenüber Reportern betont, Kerry sei ein typischer Amerikaner mit einem tiefen Sinn für Patriotismus. “Um Vorurteile gar nicht erst entstehen zu lassen - ob sie nun wohlmeinend oder nicht wohlmeinend sind, und von welcher Seite des Atlantik sie auch kommen - John Kerry ist in keiner Beziehung ein Franzose - wenn er sich auch in Frankreich auskennt,” schrieb er.

Constance Borde glaubt allerdings, seine Vergangenheit sei eher ein Vorteil als ein Problem: “Ich kann mir vorstellen, dass sich das auf positive Weise für ihn bemerkbar macht. Selbst normale Amerikaner verstehen, was für ein Schaden ihre internationale Reputation erlitten hat. Und sie werden sich dehalb Sorgen machen”.

Die Franzosen sind übrigens nicht die einzigen Europäer, die jetzt auf eine Verbindung zu Kerry hinweisen. In einem winzigen tschechischen Bergwerks-Dorf namens Horni Benesov – dem Geburtsort von John Kerrys Großvater väterlicherseits – hoffen die Bewohner, eines Tages einen Präsidentenbesuch zu erleben. “Ich glaube, er wird amerikanischer Präsident werden. Er macht einen sehr vernünftigen Eindruck”, sagte Bürgermeister Josef Klech in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. “Er hat gesagt, dass er ein Interesse daran hat, zu kommen, wenn er die tschechische Republik besuchen sollte. Das kann unserer kleinen Stadt Weltruf verschaffen!”

Kerrys Großvater hieß Fritz Kohn und war ethnischer deutscher Jude. Er wurde Bierbrauer, wanderte zur letzten Jahrhundertwende in die USA aus und ging zum katholischen Glauben über. Seinen Namen wechselte er und nannte sich fortan Frederick Kerry. John Kerry hatte von dieser Tatsache keine Ahnung, bis ein Geschichtsforscher ihm im vergangenen Sommer die Einzelheiten mitteilte.








Erdstation E-Mail: astrocal@hotmail.com