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Mit seinem Weltraum-Programm blickt Europa zum Mars - und dann wieder zurück zur Erde

In einem Interview mit dem englischen Dienst des staatlichen deutschen Auslandsfernsehens DW-WORLD hat Sigmar Wittig, der Vorsitzende der Deutschen Weltraumbehörde, die Mars-Express-Mission diskutiert und erläutert, was sie für die Zukunft des europäischen Raumfahrtprogramms bedeutet.

Mit der geplanten Landung der britischen Sonde Beagle 2 auf der Oberfläche des Mars, die Europas erste Mission zu einem anderen Planeten darstellt, wird ein neues Kapitel in der Geschichte der europäischen Raumfahrt geschrieben. Wissenschaftler der europäischen Weltraumbehörde ESA und der zuständigen nationalen Behörden des 15-Mitglieder-Konsortiums sind nun dabei, Pläne für die Zukunft der europäischen Raumfahrt zu entwerfen.

DW WORLD: Welche Bedeutung kommt der Mars-Express-Mission für das europäische Raumfahrtprogramm zu?

Sigmar Wittig: Die Wissenschaft-Mission - zu sehen, ob es Wasser und Leben auf der Oberfläche des Mars gibt - ist von außerordentlicher Bedeutung. Aus der deutschen Perspektive sind einige Instrumente an Bord von Mars Express und Beagle von Wichtigkeit. Da gibt es die hochauflösende Stereo-Kamera, von der wir erwarten, dass sie fantastische Bilder liefert, die Aufschluss darüber geben, wie die Oberfläche des Mars aussieht. Das ist im Zusammenhang mit Messungen zu sehen, die von der Mars-Oberfläche und anderen Ebenen angefertigt werden, um ein in hohem Maße akkurates Modell vom Mars zu liefern. Dann gibt es den Bohrer, oder “Mole”, ein Werkzeug, das die deutsche Raumfahrtbehörde entwickelt hat, und das wir benutzen wollen, um in den Boden einzudringen. Man kann nicht einfach nur Mars-Bodenproben von der Oberfläche anfertigen, weil der Einfluss der äußeren Atmosphäre und des Weltraums auf die Oberfläche ebenfalls maßgeblich ist. Wir müssen fast 1,5 Meter tief bohren, um zu sehen, wie der Boden wirklich aussieht. Und wir hoffen, dass wir dadurch einen Eindruck davon erhalten, wie er vor einer Million Jahren dort ausgesehen hat. Gab es Leben auf dem Mars, gibt es - oder gab es Wasser dort?

DW WORLD: Signalisiert diese Mission eine Evolution im europäischen Raumfahrtprogramm?

Sigmar Wittig: Diese Mission bringt uns in die erste Klasse der Ingenieurleistungen. Sie bedeutet auch, dass wir den höchsten Standard der Technologie auf vielen Gebieten erreicht haben, einschließlich der Information und Navigation.

DW WORLD: Und gibt es kommerzielle Vorteile der Mission für Deutschland und Europa?

Sigmar Wittig: Der kommerzielle Aspekte ist nicht der wichtigste. Es ist der wissenschaftliche Aspekt. Wenn Sie die kommerzielle Seite betrachten, dann kann die hochauflösende Kamera, zum Beispiel, auch genutzt werden, um Bilder anderer Planeten herzustellen und entlegene Gebiete auf der Erde zu untersuchen. Damit ermöglicht sie einen totalen Überblick unseres Planeten, nützlich für Zwecke der fortgesetzten Erdbeobachtung. Da haben wir einen kommerziellen Aspekt, aber er ist nicht der wichtigste.

DW WORLD: Die NASA wurde lange Zeit über bewundert für die Technologien, die diese amerikanische Weltraumbehörde entwickelt und später zur Privatindustrie transferiert hat. Hat es einen ähnlichen Technologietransfer vom europäischen Weltraumprogramm oder dem deutschen Raumfahrtprogramm gegeben?

Sigmar Wittig: Im deutschen Zusammenhang wurde viel Technologie von unserem Weltraumprogramm transferiert. Hochtemperatur-beständige Materialien, entwickelt in Raumfahrtprogrammen, werden in der Industrie genauso verwendet wie Kohlenstoff-Materialien, die man heute in den Bremsen schneller Automobile findet. Viel davon kam von der deutschen Raumforschung, einschließlich der Arbeit, die im Ariane-Programm für Materialien erforderlich war, die beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre temperaturbeständig sein mussten. Es hat auch einen beachtenswerten Transfer in den Bereichen leichtgewichtiger Materialien, der Navigationssysteme, der optischen Systeme, hochauflösenden Kameras, bei feuer-entdeckenden Systemen und Robotern gegeben.

DW WORLD: Wie sehen Sie die Entwicklung des europäischen Raumfahrtprogramms nach dieser Mission? Könnte die ESA bemannte Raumflüge veranstalten?

Sigmar Wittig: Der nächste Schritt wird im Start der Rosetta-Sonde im nächsten Jahr bestehen, wir hoffen, sie wird einen Planeten besuchen. Wir arbeiten auch eng zusammen mit unseren amerikanischen Kollegen auf dem Sektor der bemannten Raumfahrt – ESA und DLR sind sehr gut mit der NASA verbunden. Die Erdbeobachtung ist eine der wichtigsten Aufgaben in Europa. Nehmen Sie zum Beispiel die gesamte Frage der Navigation. Wir versuchen, das Galileo-System im Wettbewerb mit dem amerikanischen GPS-Navigationssystem zu starten. Andere Bereiche betreffen das, was auf dem Planeten geschieht -die Wettervorhersage, Naturkatastrophen, etc.

Eine Mission, die wir in Deutschland unternommen haben, ist der BIRD-Satellit, der Brände auf der Erdoberfläche beobachtet. Wir arbeiten auch an zukünftigen Start-Projekten, die gebraucht werden, um die Nutzlasten und Satelliten in den Weltraum zu befördern. Wir beschäftigen uns damit, wie sie aussehen werden. Aber zunächst müssen wir an Ariana, unserem Satelliten-Start-System arbeiten.

Was die internationale Raumstation betrifft, so bereit wir das “Columbus European Research Laboratory Modul”, das europäische Forschungslabor-Modul Columbus, sowie das automatisierte Transfer-Fahrzeug ATV vor, das von Ariane-Raketen transportiert werden soll. Columbus ist ein Forschungsmodul, das mit der Raumstation verbunden werden soll und es den Wissenschaftlern gestattet, Forschung unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit durchzuführen. Es ist der bisher größte Beitrag der ESA zur Internationalen Raumstation. Aber wir sind ganz besonders beeindruckt über das ATV, weil es helfen wird, Lücken zu schließen, wenn der Space Shuttle nicht fliegt. Wir mussten kürzlich die Zahl der Astronauten in der Internationalen Raumstation auf zwei beschränken, weil der Shuttle nicht fliegen kann und es keine Möglichkeit gibt, drei Astronauten in genügendem Maße zu versorgen. Zwischen dem Transport von Menschen und Gütern zu unterscheiden, ist der Weg, der in Zukunft zu gehen ist. Das Columbia-Modul der ESA und andere wichtige Komponenten sind besonders für den Transport in Cargoraum des Shuttle konzipiert worden. Man kann sie nicht transportieren, bis die Shuttle-Raumschiffe wieder fliegen.

DW WORLD: Wie sehen Sie die Position der ESA im Verhältnis zur NASA. Sehen Sie sich als Konkurrenten?

Sigmar Wittig: Wir haben offensichtlich einen freundlichen Wettbewerb, das ist die wissenschaftliche Grundlage. Wir wollen die ersten sein, um gewisse Dinge herauszubekommen. Auf der anderen Seite kooperieren wir aber auch eng miteinander. Ich habe die Internationale Raumstation erwähnt. Die Vereinigten Staaten sind offensichtlich die dominierende Macht in diesem Programm, aber wir kooperieren wirklich eng mit ihnen - sowohl durch die ESA als auch unsere eigenen nationalen Programme. Die deutsche Raumfahrtbehörde finanziert 41 Prozent der europäischen Beiträge zur ISS.

DW WORLD: Wenn Sie Europa und seine Weltraum-Ambitionen betrachten, wie unterscheiden sie sich von denen Chinas, Russlands oder der Vereinigten Staaten?

Sigmar Wittig: Die USA haben ein wirklich breites Programm, aber es konzentriert sich eben stärker als wir es tun auf die bemannten Raumflüge und die bemannte Erforschung des Weltraums. China bildet sich als starke Kraft aus, und sie konzentrieren sich dort auch auf bemannte Raumfahrt. Ich nehme an, sie werden auch konzentriert Erdbeobachtung betreiben. Das ist ein natürliches Interesse für große Länder, dass sie sich darum bemühen, ihre Landwirtschaftsgebiete zu beobachten, das Wetter und Naturkatastrophen. Die dominante Frage ist natürlich immer: "Wie können wir das ausnutzen? ESA und DLR konzentrieren sich ja eher auf die Beobachtung der Erde.

Eine der wichtigste Anwendungsgebiete der Erdbeobachtung in der Zukunft wird in der Bewältigung von Katastrophen, einschließlich Fluten, Erdbeben usw. liegen. Wir werden in der Lage sein, unsere eigene Raumfahrt-Technologie zu nutzen, um die kürzlichen Fluten in Frankreich und aus Deutschland sowie die Buschbrände in Kalifornien und die Brände in China zu beobachten. Diese Technologien ermöglichen es uns, die Herkünfte von Naturkatastrophen zu erforschen, einzuschätzen, wie sich so eine Katastrophe weiter entwickelt, und wie man Messungen durchführen kann, die auf effektive Weise genutzt werden. Was Brände angeht, so gilt, wenn man die zentralen Bereiche und die höchste Intensität zu messen in der Lage ist, dann lässt sich besser einschätzen, was dagegen unternommen werden muss. Das sind nur einige der Methoden, die wir anwenden, um uns von anderen Raumfahrtprogrammen zu unterscheiden.








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